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LebensSteine

Bild von sarajuggernaut auf Pixabay
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Zu diesen Gedanken wurde ich von einem Kinderbuch inspiriert, das ich meiner Nichte und meinem Neffen schenkte, Ein Rucksack voller Glück.

 

In diesem Buch wird Kindern erklärt, dass schwere Gedanken und Gefühle wie Steine in einem Rucksack sind, die

sie die ganze Zeit mit sich herumschleppen. Und dass sie entscheiden können, wie sie eine Situation beurteilen, wie sie mit ihr umgehen und was sie aus ihr machen wollen. Auf diese Weise haben sie immer wieder die Wahl, die Steine aus dem Rucksack zu nehmen, um mit einem leichten Rucksack durch das Leben zu gehen.

 

Ich merkte sofort, dass in mir die Befürchtung reifte, dass mein Neffe und meine Nichte dieses Buch womöglich so verstehen könnten, dass sie schwere Gefühle und Gedanken einfach „wegmachen“ sollten, dass diese nicht „erlaubt“ seien; Steine raus aus dem Rucksack und alles ist wieder gut.

 

Deshalb war es mir ein Anliegen, noch ein paar ergänzende Worte dazu zu schreiben. Nämlich, dass es nicht darum gehe, die schweren Gefühle nicht fühlen zu dürfen. Denn sie seien ja nun einmal ein Bestandteil des Lebens, gehörten dazu. Sondern dass es darum gehe, sie wahrzunehmen, ihnen einen angemessenen Raum zu geben, damit sie ihren Kreislauf vollenden können, um sie dann schließlich loszulassen.

 

Bild von kinkate auf Pixabay
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Unwillkommenes willkommen heißen

 

Ich beschäftige mich seit einigen Monaten intensiv mit dem Thema Das Unwillkommene willkommen heißen. Das ist ein Titel eines Buches von Pema Chödrön, einer buddhistischen Nonne.

Dieser Titel stellte sich auch als ein wunderbarer Titel für mein Jahresthema heraus.

 

Während des andauernden Lockdowns, der mir sehr viel Zeit mit mir selbst und recht fern vom menschlichen Miteinander bescherte, erkannte ich nämlich, dass jemand in mir am liebsten alles so unter Kontrolle hätte, dass alles – aber auch wirklich alles – Unangenehme vermieden wird. Das ist zum Einen extrem anstrengend und hält mich von vielem und vielen fern und zum Anderen ist es schlichtweg unmöglich.

 

Ich hatte bereits eine Idee davon, dass es nicht darum gehen kann, zu vermeiden, sondern, dass es darum geht, anzunehmen, zu integrieren und vielleicht – ganz verrückt – das Unangenehme auch noch als eine Gelegenheit zum Wachsen zu begreifen. Erschütternd und befreiend zugleich hingegen war für mich die Erkenntnis, dass es immer noch jemanden in mir gab, der all dies komplett anders sah, alles kontrollieren wollte; und dass dieser Jemand immer lauter wurde bzw. jetzt den Raum hatte, wirklich gehört zu werden.

 

Bild von dmarr515 auf Pixabay
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Meine Steine

 

Als ich das Kinderbuch las und mir meine eigenen Gedanken dazu machte, fragte ich mich:

Was sind die Steine, was ist das Schwere und Unangenehme in meinem Rucksack?

 

Ich sah die Situationen und Menschen, die mir vermeintlich mein Leben schwer gemacht hatten, schwer machten oder auch nur in meiner Vorstellung schwer machen könnten; und ich sah die schweren Gedanken und Gefühle, die daraus entstanden.

 

Ich sah all die Steine, die ich bereits gesammelt hatte.

 

Einige davon befanden sich noch in meinem Rucksack.

 

Wo gibt es in Deinem Leben immer noch Steine, die Du mit Dir herumschleppst? Wo gibt es immer noch Menschen und Situationen, die Dir schwer zu schaffen machen? Vielleicht auch noch, obwohl sie schon längst gegangen oder vergangen sind.

 

Einige lagen bereits am Rande meines Lebensweges.

 

Wo gibt es in Deinem Leben schwierige und herausfordernde Situationen, die Du bereits gemeistert hast? Wo gibt es anstregende, herausfordernde oder vielleicht auch verletzende Menschen, die Du bereits hinter Dir gelassen hast, die nicht mehr Teil Deines Lebens sind und Dir das Leben nicht mehr schwer machen?

 

Bild von Peter H auf Pixabay
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Über einige der am Rande liegenden Steine war bereits Gras gewachsen.

 

Welche schwierigen Situationen hast Du bereits vollkommen hinter Dir gelassen und/oder in Dein Leben integriert?

 

Wiederum aus anderen war in Zusammenarbeit mit der Natur etwas wunderschönes Neues entstanden.

 

Welche zunächst schwierigen Situationen und Menschen in Deinem Leben haben sich hinterher als eine Gelegenheit zur Veränderung und zum Wachsen, und damit als eine große Chance erwiesen?

 

Bild von Alexandra_Koch auf Pixabay
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Aus einigen hatte ich selbst etwas Neues gestaltet.

 

Welche zunächst schwierigen Situationen und Menschen ermöglichten Dir irgendwann eine vollkommen neue Perspektive und eine vielleicht auch erstaunlich neue Sicht auf das Leben und halfen Dir, etwas vollkommen Neues zu kreieren?

 

Einige Steine in meinem Rucksack hatten mich durch ihr Gewicht eine gewisse Kraft und Stärke und auch Fähigkeiten im Umgang mit ihnen entwickeln lassen, alles Dinge, die mir heute nützlich sind, auf die eine oder andere Weise.

 

Aus welchen zunächst schwierigen Situationen in Deinem Leben bist Du gekräftigt und gestärkt hervorgegangen? Welche haben Dir dabei geholfen, neue Fähigkeiten zu entwickeln oder in Dir schlummernde Talente zu entdecken?

 

Bild von TimeTravelerAl auf Pixabay
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Einige Steine stellten sich als Edelsteine und Heilsteine heraus, die die Schatzkisten meines Lebens füllten.

 

In diesen Schatzkisten lag die Verantwortung für mein Leben. Mir wurde klar, dass ich diese Schatzkisten Menschen oder Situationen überlassen hatte.  Ich hatte anderen Menschen und Situationen die Verantwortung für mein Leben überlassen, indem ich ihnen vorwarf „Du bist schuld daran, dass ich mich schlecht fühle. Du bist schuld daran, dass dieses oder jenes nicht funktioniert in meinem Leben. Du sollst gefälligst anders sein, damit es mir besser geht, mir alles leichter fällt und ich endlich glücklich bin.“

 

Hand auf's Herz, wer kennt diesen Gedanken nicht: „Ich kann ja nichts dafür, die anderen sind schuld. Ich muss/kann ja nichts ändern.“ Oder: „Wenn endlich dies oder jenes eintritt, ich dieses oder jenes habe, wird endlich alles besser.“

 

Vor allem diese Edel- und Heilsteine in den Schatzkisten sind diejenigen, in denen das größte Wachstumspotenzial liegt. Oft scheinen sie zunächst leider auch die unangenehmsten und anstrengendsten zu sein.

 

Doch diese Edel- und Heilsteine erschweren mir mein Leben nicht, sondern die Steine in Form von Gefühlen und Gedanken, die ich mit ihnen verbinde. Und indem ich die Verantwortung dafür anderen Menschen und Situationen zuschiebe, indem ich diese als „schuldig“ an meinem „Elend“ betitel, verpasse ich wundervolle Gelegenheiten und Chancen in meinem Leben voranzukommen. Denn letzten Endes sind diese Schätze wertvolle Hinweise auf das, was sich in mir und meinem Unterbewusstsein so abspielt. Sie zeigen mir Muster und Glaubenssätze auf, die mir mein Leben anstrengend machen und die meinen Rucksack so schwer werden lassen. Die Situationen und Mitmenschen spiegeln mir diese Muster und Sätze lediglich. Denn jemand/etwas, die/der/das mich nicht in der Tiefe berührt, wird niemals so intensive Gefühle in mir auslösen können.

 

Bild von Gaby Stein auf Pixabay
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Also habe ich beschlossen, all die Schatzkisten, die ich so großzügig verteilt habe, all die Verantwortung für mein Leben, wieder zurückzuholen. Situationen und andere Menschen sind nicht verantwortlich für mich und mein Leben und schon gar nicht sind sie Schuld an irgendetwas, das ich nicht hinbekomme. Sie sind erst einmal einfach nur, wie sie sind. Gebe ich ihnen jedoch die Schuld und damit die Verantwortung, liefere ich mich ihnen aus. Denn das, was mir im Leben begegnet und wie sich andere Menschen verhalten und entscheiden, habe ich nicht in der Hand. Ich habe jedoch die Macht darüber, wie ich etwas beurteile und wie ich damit umgehe.

 

Das heißt nicht, dass ich von nun an so tue als sei alles „Friede, Freude, Eierkuchen“. Natürlich ärgern mich Situationen und Menschen, oder sie machen mich traurig, vielleicht auch neidisch. Und das ist auch vollkommen okay. Ich bin ja nun einmal ein Mensch. Ich muss nicht alles gut finden, was mir passiert. Doch ich entscheide, wie viel Energie ich in die daraus entstandenen Gefühle und Gedanken investiere und wie sehr ich sie mein Leben bestimmen lasse. Ich kann sie wahrnehmen, fühlen und beizeiten auch wieder ziehen lassen.

 

Und ich schaue, welche Muster und Glaubenssätze mir durch Situationen und Menschen aufgezeigt werden und entscheide, was ich mit dieser Erkenntnis anfange.

 

Ich schaue, wo mir etwas eine Gelegenheit zum Wachsen oder eine vielleicht ganz neue Sicht auf die Dinge ermöglicht.

 

Wichtig ist immer nur, mich daran zu erinnern, ICH ENTSCHEIDE, kein anderer. ICH HABE DIE VERANTWORTUNG für mein Leben, kein anderer.

 

Wo schiebst DU Situationen und Menschen die Schuld für dieses und jenes in Deinem Leben in die Schuhe, wartest darauf, dass sich andere oder die Situation ändern, damit es Dir besser geht und lieferst Dich ihnen damit aus? Wo gibst DU also die Verantwortung in Deinem Leben ab? Wo fällt es DIR schwer, ehrlich hinzuschauen, um vielleicht zu erkennen, welche Chance Dir etwas vermeintlich Unangenehmes bietet?

 

Ich habe beschlossen, mir meine Verantwortung zurückzuholen und zu schauen, was ich Schönes oder Sinnvolles aus den Steinen meines Lebens gestalten kann. Ich lade Dich ein, das auch zu tun. Ich sage nicht, dass es auf jeden Fall leicht wird (verboten ist leicht allerdings auch nicht ;-) ). Ich übe auch noch. Doch es lohnt sich...